14.05.2017,
majortom:
Sonntag Nachmittag, strahlender Sonnenschein über der Drome Provencale. Jackys Zapfhähne haben nach einer erfolgreichen ersten Etappe geglühlt, und nun sind wir in freudiger Erwartung des Pastinakenpürees, das uns - neben allerlei anderem lecken Gedöns - gerade zubereitet wird. Eine sensationelle Auftaktetappe unserer Trainingswoche in der Provence liegt hinter uns, und es dürfte schwierig werden, das noch zu toppen in den kommenden Tagen. Aber quaeldich.de wächst ja bekanntlich an seinen Aufgaben, und den einen oder anderen Pfeil haben wir ja noch im Köcher.
Rückblick. Sonntag morgen. Nach protein- und croissantreichem Frühstück stehen wir pünktlich um neun vor der Radgarage, um in den Tag zu starten, hatte ich doch zunehmenden Mistralwind am Nachmittag prophezeit, weswegen wir früh loskommen wollen. Zunächst startet Tom in den Muttertag, gefolgt von seiner rasierte-Beine-Horde. Und kurz darauf Johannes und ich in einer entspannt-ausdauernden Hybridgruppe.
Es läuft gut das Ouvèze-Tal hinab, und wir bemühen uns (erfolgreich) um ein Tempo, dem alle auch entspannt folgen können. Ganz flach ist es leider nicht, und wir bringen in rascher Folge die Pillepalle-Pässe St. Michel, Voltigeur und Madeleine hinter uns. Letzterer beschert uns sogar die erste Freigabe zur Woche. Herrliche Abfahrt nach Bédoin, der Mont Ventoux dräut erwartungsvoll zur Linken, doch wir widerstehen der Versuchung und wenden uns bei leichtem Rückenwind nach Süden. Schön!
Ab Ville-sur-Auzon beginnt dann der längste Anstieg des Tages entlang der bekannten Gorges de la Nesque. Aber es rollt sehr angenehm, und während an der Spitze der Gruppe einige unverbesserliche schon ganz schön die Beine sprechen lassen, wird weiter hinten auch das Fotostop-Gebot umgesetzt. Aber jeder wie er oder sie will, solange noch für staunende Blicke hinab in die Schlucht Zeit ist. Am höchsten Punkt spielt leider ein vermutlich einheimischer Kollege seine Ortskenntnis gnadenlos aus und entscheidet den Zielsprint souverän für sich. Aber was solls, wir sind oben, und der Aussichtspunkt rückt in unseren Fokus und führt zu Selfie-Orgien und Fachsimpeleien mit britischen Tandemfahrern. Pünktlich zur Ankunft des Grupettos lüftet auch der Mont Ventoux sein Wolkenkleid. Yeah!
Weiter geht es nach Sault, wo ich gemeinerweise die Gruppe über die steilere Abkürzung in den Ortskern schicke. Mach aber nichts, denn bei Justin werden schon die Tische für uns zusammengeschoben. Mittagspause. Lasagne, Spaghetti, Salat, Plat du Jour. Und massenweise Bière sans alcool, Cola und Eau gazeuse. Kompliment für Justin und Konsorten, die uns freundlich und hochprofessionell abfertigen, das war ein prima Zwischenstopp.
Während der nimmermüde Daniel noch den Col de l'Homme Mort anhängen möchte, kämpft der Rest der Gruppe sich nun bei Gegenwind nach Norden. Die Szenerie wird wieder felsiger, wir näheren uns dem Toulourenc-Tal. Und cruisen dem jungen Toulourenc entlang Richtung Col d'Aulan, wo die schöne einsame Schluchtpassage nochmals ekstatische Jubellaute hervor ruft. Das letzte Stück führt durch eine karge Wiesenlandschaft - krass, wie schnell sich hier die Landschaft ändert.
Es fehlen noch 22 km Abfahrt zurück nach Buis, die trotz Gegenwindes wie schon den ganzen Tag souverän im Peloton genommen werden. Kompliment an diese Gruppe, selten war Guiden so einfach. Wir wollen aber auch nicht unter den Tisch fallen lassen, wie schön doch das mittlere Ouvèze-Tal ist - hier werden wir in den kommenden Tagen noch häufiger vorbei kommen. Alles in allem eine sensationelle Auftaktetappe, die Lust macht auf mehr Drome Provencale. Es geht ja gerade erst los.
Weisheit des Tages:
,,Im übrigen bin ich der Meinung, Carthago müsse zerstört werden." (Cato der Ältere)
Ursprüngliche Etappenbeschreibung:
Zum Auftakt befahren wir mit der Gorges de la Nesque gleich ein landschaftliches Highlight der Region. Doch auch der einsame Col d'Aulan braucht sich dahinter nicht zu verstecken.
Eingeklickt in die Pedale, und los geht es in unsere Trainingswoche. Wir beginnen ganz gemütlich und fahren das Ouvèze-Tal abwärts, zweigen dann ab und halten uns südlich, auf Malaucène zu. Heute widerstehen wir noch dem Ruf des Mont Ventoux, dessen Nordauffahrt ebenfalls hier beginnt. Stattdessen geht es über den Hügel Col de la Madeleine nach Bédoin, wo wir ein weiters Mal wehmütig auf die Ausschilderung zum Ventoux schauen werden. Die Gorges de la Nesque bietet uns zwar weniger Höhenmeter und weniger Steigungsprozente, aber mindestens ebenso viel fürs Auge. Stück um Stück schrauben wir uns höher über den Talgrund und haben uns so zum Schluss sensationelle Tiefblicke erarbeitet. Pflicht-Fotostopp ist der Aussichtspunkt ausgangs der Schlucht, wo wir den Ventoux in voller Pracht bewundern können. Dann erreichen wir Sault, den dritten möglichen Startpunkt einer Auffahrt auf den
Géant. Wir widerstehen zum dritten Mal und fahren in nördlicher Richtung ab ins Toulourenc-Tal, wo die Auffahrt zum Col d'Aulan startet. Von diesem Pass erwartet man nicht viel – und wird begeistert sein von der wildromantischen Kulisse: schmale Straße, beeindruckende Felsen, der rauschende junge Toulourenc-Bach. Das schönste Stück des Ouvèze-Tals zurück nach Buis rundet schließlich den heutigen Tag ab.