22.07.2018,
silvi:
Kaum fassbar, dass nun schon der letzte Tag unserer großen Tour sein soll! Vor 9 Tagen starteten wir in Berlin mit einem Ziel: mit dem Rennrad nach Venedig! Damit es auch eine besonders eindrucksvolle Fahrt wird, haben wir so einige schöne Anstiege auf dem Weg mirgenommen. Jede Region sollte ja in vollen Zügen genossen werden. Und das haben wir!
Und nun stehen wir am letzten Tag wieder pünktlich abfahrbereit in Belluno und schwingen uns auf die Räder. Mittlerweile ist nicht nur der Ablauf vertraut, sondern auch die Mitfahrer. Wir haben uns aneinander gewöhnt, insbesondere innerhalb der Gruppen haben diese 9 Tage die Leute zusammengeschweißt. So rollen wir noch einmal in gewohnter Zweierreihe dahin, noch einmal treten wir mit Kraft in die Pedale an unserem letzten Pass der Tour: dem Passo di San Boldo. Auf der Abfahrt erwarten uns die kurios anmutenden eng aneinander geklatschten in den Felsen gehauenen Kehren. Die kleinen engen Tunnel sind nur einseitig befahrbar, so dass wir dort bei Rotlicht warten müssen. Jedoch stört dies bei dieser atemberaubenden Kulisse überhaupt nicht. Einige von der Gruppe 1 fahren nochmal ein paar Kehren wieder hinauf, um dieses einzigartige Schauspiel noch länger genießen zu können. Und auch Marco und Matthias, die heute eine andere Runde fahren, kommen uns entgegen. Die anderen sausen die sich eng windenden Kurven hinab. Unten kommt dann auch bald Gruppe 2; schon oben am Pass waren sie nur kurz hinter uns. Das Auseinandersortieren der Gruppen ist heute auch etwas schwieriger als sonst; die Berlin-Venedig-Trikot-Dichte ist heute auf der Abschlussetappe besonders hoch.
Nach dem Passo di San Boldo geht es im gewohnten Grupetto weiter; es folgen noch ein paar Höhenmeter, die wir gemeinsam hochkurbeln.
Die Sonne brennt, es wird zumehmend wärmer, wir verlassen immer mehr die Bergregion, fahren durch Weinberge und winden uns langsam immer weiter hinab auf Meeresspiegelhöhe. Wir wollen ja auch schließlich zum Meer! Ich schau noch einmal auf die Hügellandschaft neben uns und bedauere es, dass es nun nur noch flach weiter geht.
Danach noch ein letztes Mal ein Stop bei unserem Warerboy Daniel. Der ist aber noch gar nicht da, als wir ankommen, taucht wenige Minuten später fast zeitgleich mit Gruppe 2 auf. Die sind heute aber auch hartnäckig... ;-)
Nachdem jeder die Pflichtbanane verschlungen hat, geht es auch weiter, nicht mehr ganz so idyllisch, was aber weniger an der Landschaft als an den teils sehr agressiven, wild hupenden Autofahrern liegt. Doch unser Radfahrerzug lässt sich nicht beirren. Wir sind eingespielt und Beat und Tobi ziehen den Tross in flottem Tempo bis zur Mittagsverpflegung. Diese überrascht uns mit hausgemachter Pasta (Orecchiette vom allerfeinsten!). Vielleicht überleg ich mir das mit der Pasta-Abstinenz doch noch einmal...
Wir schwingen uns auf die von der Sonne aufgeheizten Sättel. Dann geht es irgendwie alles ganz schnell. Wieder geht es über recht große Straßen, und die Kilometer schmilzen dahin. Gerne würde ich die Zeit etwas verlangsamen, nicht, weil ich nicht ankommen will, aber weil ich weiß, dass es dann auch zu Ende ist. Aber Venedig rückt rasend schnell näher. Und kurz vor dem Punkt, wo wir zum Hotel abbiegen könnten, beschließen unsere Guides Jan und Tobi basisdemokratisch, dass die Gruppe 1 geschlossen nach Venedig rein fährt. Es hätte eh keiner die andere Option gewollt. Und so mogeln wir uns über die dreispurige Straße, fahren auf dem Radweg, über Baustellenschotter und über den nicht enden wollenden Damm bis nach VENEDIG! Der Busbahnhof ist erstmal alles andere als beindruckend und die kleine Dame in Uniform, die uns noch belehren will, dass wir die Räder bitte am Bahnhof abzustellen hätten, hat keine Chance gegen unseren Willen, aber nun auch noch bis zu den Kanälen zu kommen. Sie gibt sich geschlagen und lässt uns ziehen und wir schieben die Räder bis zu den Kanälen. WIR SIND DA!!! Was für ein emotionaler Augenblick! Wir sind überwältigt, klatschen ab, fallen uns in die Arme und machen Fotos. Es ist irgendwie unfassbar. Auch unser Filmteam stößt nochmal zu uns und hält die besonderen Momente in Bildern fest. Nach einer kleinen Ewigkeit, in der jeder die Stimmung (und die meisten auch ein Eis) genießt, machen wir uns auf den Weg zum Hotel. Auf dem Weg dorthin kommen uns die anderen Gruppen entgegen. Alle sehen seeeeehr glücklich aus. Der Rückweg beschert uns noch eine kleine Tragepassage neben den Bahnschienen. Alles egal: wir waren ja schon in VENEDIG! :-)
Nun ist es also vorbei: 9 wahnsinnig beeindruckende Tage - mit ganz tollen Leuten und einem mega Orga-Team!!! An dieser Stelle nochmal DANKE!!!!! So ein Erlebnis ist einmalig!
Und hier hört die Berichterstattung nun auf. Der heutige Abend und die Nacht gehören noch einmal uns!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Ein Highlight haben wir noch! Vielleicht ist der eine oder andere mit den Gedanken schon an der Adria, in der Lagunenstadt Venedig, doch heute heißt es nochmals, die Konzentration aufrecht zu erhalten. Dabei hilft vielleicht, dass wir immer noch in den venetischen Alpen unterwegs sind, und dass noch der Passo di San Boldo auf uns wartet. Keine furchterregende Passauffahrt, aber die an und in die Felswand gebaute Passstraße der Südseite mit den Kehrtunnels ist ein außergewöhnliches Kuriosum, so dass es sich für uns auch dann lohnt, wenn wir diese Seite nur als Abfahrt nehmen. Dann lassen wir die Alpen so langsam hinter uns, dringen immer weiter in die Poebene vor, und es ist nicht mehr weit zum Meer! Auf der zweiten Etappenhälfte können sich also die Rouleure nochmals in den Wind spannen, um das Ziel in Venedig zu erreichen. Wir beziehen hier Quartier in Mestre auf dem Festland, das Abschlussessen wird jedoch in Venedig stattfinden.