17.08.2017,
majortom:
Whoee... schon um halb vier alle im Hotel (bis auf die, die noch geplante und ungeplante Zusatztouren einlegen). Und das nach einer herrlichen Etappe über den Col du Galibier bei strahlendem Sonnenschein und grandioser Fernsicht bis hin um Montblanc-Gipfel. Was für ein Tag.
Und natürlich krame ich zum Galibier wieder die Renko-Anekdote heraus. Zur Erinnerung, bei unserer ersten Savoyen-Reise anno 2013 haben wir das Double Télégraphe/Galibier aufgeteilt durch eine Übernachtung in Valloire uns somit den Galibier nach Meinung von quäldich-Ehrenredakteur und Schotterstraßenentdeckerlegende Renko kastriert. Galibier émasculé, so seine Worte. Und erst vor zwei Wochen, bei der Savoyer-Alpen-relaxed-Reise konnten wir diese Schande ausmerzen und beide Pässe am Stück fahren. Heute wiederholen wir dieses Kunststück auf unserer Etappe zwischen Aussois in der Haute Maurienne und Serre Chevalier in der Nähe von Briancon. Ganz nebenbei haben wir so auch die Schlusskilometer einer der Königsetappen der diesjährigen Tour de France nachgefahren, die ja auch über Télégraphe/Galibier nach Serre Chevalier führte - wovon im übrigen viele Anfeuerungsschriftzüge auf der Straße zeugen. Es gibt nur einen Haken: aus logistischen Gründen haben wir den Erichundmonicruiser heute mitten im Galibier-Anstieg postiert, so dass niemand den Galibier komplett ohne abzusteigen gefahren ist (Kordula wäre gerne, aber mit vereinten Kräften haben wir sie nach dem Mittagsimbiss auch wieder in die Klickpedale befördert). Ich biete Renko also hiermit als Vorschlag zur Güte die Bezeichnung "Galibier mi-émasculé" (mittelkastriert) an...
Heute morgen beginnt es zunächst mit einer 400 Höhenmeter langen Panoramaabfahrt von Aussois hinunter ins Arc-Tal nach Modane. In der Sonne ist es aber auch morgens schon so warm, dass trotz der 1500 m Höhe nur vereinzelt noch Windwesten getragen werden. Ein heißer Tag bei nahezu wolkenlosem Himmel steht uns bevor - gute Bedingunen also, um heute das
Souvenir Henri Desgrange abzugreifen. In Modane schaltet unsere entspannte Gruppe sofort in den Turbo-Modus. Der unerschrockene Stefan bricht an der Spitze des Feldes den Wind, und in langgezogener Einerreihe sausen wir das leicht abfallende Teilstück bis Saint-Michel-de-Maurienne hinab.
Hier ist jedoch Schluss mit lustig. 12 Kilometer Vorgeplänkel bergauf bis zum Col du Télégraphe. Die Auffahrt ist jedoch nicht allzu gemein und liegt dazu auch noch größtenteils im Schatten, so dass wir rasch den immer unangenehmeren Temperaturen im Tal entwischen können. Inzwischen sollte sich ja jeder an die langen Pässe gewöhnt haben. Und tatsächlich finden alle einen guten Tritt, und das nächste Wiedersehen gibt es auf der Passhöhe, wo zur Feier des schönen Sommertages schon die ersten Cappuccini geschlürft werden. Dolce Vita in allen Gruppen.
Eine kurze Zwischenabfahrt nach Valloire, und dann geht es in den Galibier. Hier ist man schon so hoch oben, dass die Auffahrt von Beginn an hochalpin wirkt. Die Sonne brennt vom Himmel, der Schweiß läuft in Strömen, aber die Endorphine versetzen uns in den Galibier-Rausch. Herzlich willkommen ist dann aber doch der Verpflegungsspot kurz vor dem Ende des Tals, bevor der harte Teil des Passes beginnt. Einmal mehr haben sich Schnittchenmoni und Becherspülerich nicht lumpen lassen und fahren ein opulentes Buffet auf.
Nach und nach brechen die Gruppen ausdauernd und entspannt dann in die letzten neun Kilometer des Aufstiegs auf. Der Pass ist einfach wunderschön mit dem Panorama der schroffen Gipfel, der weiten Landschaft, und auch die Scharen von Rennradfahrern aller Couleur gehören einfach dazu. Immer näher rückt die Passhöhe oberhalb der bedrohlichen Wand, dann sind wir am Tunnel, die Steigung zieht noch einmal an, der nichtgrüßende Amerikaner wird in einer gnadenlosen Konterattacke niedergerungen, und da ist das Passschild. Belagert von allerlei Radkollegen und anderen Touristen, doch schließlich scheucht Stefan alle anderen weg, und wir nehmen Aufstellung zum Gruppenbild. Zwischen Barre des Ecrins im Süden und dem Montblanc im Norden. Ein toller Moment. Mi-émasculé zwar, aber wen kümmert das schon.
Rasante Abfahrt zum Lautaret, Tarte de Pomme, Orangina, Espresso, Galibier-Bier. Nochmal Dolce Vita. Und bis zum Ziel in La-Salle-les-Alpes geht es nur noch bergab.
Weisheit des Tages:
"Allez brilliant people!"
(stand auf der Galibier-Straße)
Grüße des Tages:
Gehen heute nach Berlin an quäldich-CEO Jan, der sehnsüchtig auf den Anruf des Berichterstatters wartet, um schnöde Marketingangelegenheiten zu besprechen.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung:
Ein weiteres Monument wartet auf der sechsten Etappe zwischen Aussois und Briançon auf uns: der mythsiche Tour-de-France-Berg Col du Galibier.
Die Etappe beginnt mit einer kurzen Abfahrt nach Modane, wieder im Talgrund der Maurienne gelegen. Bis Saint-Michel-de-Maurienne haben wir dann ein stärker befahrenes Stück vor uns, können auf der leicht abfallenden Strecke aber hoffentlich ein hohes Tempo treten. Dann geht es als Vorgeschmack auf den Galibier hinauf auf den Col du Télégraphe – der jedoch nicht nur Vorgeplänkel ist, sondern auch landschaftlich zu gefallen weiß. Eine kurze Abfahrt in den Skiort Valloire, und dann wartet der Galibier auf uns. Hier ist Ausdauer und Zähigkeit gefragt, aber die grandiose Alpenkulisse und die Vorfreude auf ein herrliches Alpenpanorama an der Passhöhe sollte schon für ordentlich Motivation sorgen. Vom Galibier geht es dann zunächst bergab auf den Col du Lautaret, den wir sozusagen im Vorbeifliegen mitnehmen. Eine langgezogene Abfahrt später erreichen wir den Etappenort Briançon, wo sich am Abend ein Spaziergang in die vom Baumeister Vauban errichtete Festung lohnt. In unseren ****-Hotel & Spa kann man jedoch auch einfach mal entspannt die Beine hochlegen...