16.11.2017,
Jan:
Schön! …hört sich nach Heidi-Idylle an. Damit können die Pyrenäen am wenigsten aufwarten. Ich aber wurde 2016 in meinen Blogbeiträgen zu den
Pyrenäen-Geheimtipps und den
Pyrenäen-Klassikern nicht müde zu betonen, wie viel begeisternder ich die Pyrenäen im Vergleich zu ihrem großen Bruder, den Alpen, finde. Die Gegend ist einsamer, alles ist ursprünglicher und deutlich weniger touristisch, die Fauna ist vielfältiger, die Straßen sind schmaler, der Verkehr deutlich geringer. Gar nicht sehr verwunderlich, ist doch Toulouse die einzige nennenswerte Metropole weit und breit, während die Münchener, Züricher, Salzburger, Mailänder und Marseillesen aus allen Richtungen in die Alpen strömen.
2002 war ich das erste Mal in den Pyrenäen, und natürlich wollte ich die großen Pässe der Tour de France fahren, die in Frankreich wie auf der Perlenschnur aufgereiht von Ost nach West führen: Portet d’Aspet, Col de Menté, Peyresourde, Aspin, Soulor, Aubisque und Tourmalet. Und weil wir eine neuntägige Rundfahrt fuhren, konnten wir auch den damals noch als Geheimtipp geltenden Port de Pailhères und auf dem Rückweg den höchsten Pass der Pyrenäen, den Port d’Envalira einbauen.
Und genau diese wirklich tollen Pässe bilden auch heute die Hauptzutaten unserer
Pyrenäen-Klassiker, die jedes Jahr eine der begehrtesten Reisen ist (aktuell sind noch Plätze im Doppelzimmer zu haben). So kannte ich bei unserer ersten Ausrichtung im Jahr 2014 fast jeden Kilometer Asphalt schon persönlich, nur die An- und Abreise aus unserem abenteuerlichen Hotel in Lannemezan waren Neuland. Diese Anekdote bewahre ich mir als Salz in der trüben Suppe meiner Memoiren auf, hier möchte ich lieber erwähnen, wie sehr mich diese Strecke damals überrascht und begeistert hat, obwohl ich all diese Strecken schon kannte. In den Jahren zuvor war ich ausschließlich in den Alpen gewesen, und die oben erwähnte Einsamkeit und Ursprünglichkeit habe ich nicht erwartet.
In acht Tagen fährt man bei den Pyrenäen-Klassikern alles, was in den Pyrenäen Rang und Namen hat. Warum also eine weitere Pyrenäen-Reise?
Weil ich aus den vielen Passbeschreibungen von
ritchie im Pässelexikon und den Gesprächen mit
stb72 und
AP von den vielen weiteren wunderbaren und fein säuberlich aufgereihten Pässe auf der Südseite des Pyrenäen-Hauptkamms wusste. Die kannte ich alle nicht, und die wollte ich entdecken. Ich kannte sie nicht, und wusste auch nicht, wie man sie optimal kombinieren kann, weil die Übergänge über den Pyrenäenhauptkamm im Westen nur rar gesät sind. In langen Telefonaten mit
qpeer konnte dann aber ein 99%ig sicher asphaltierter Übergang westlich vom Pierre St. Martin identifiziert werden: der Ringschluss für die Königsetappe der Pyrenäen-Geheimtipps, dem Baskenhammer. So wie hier liegt die Strecken-Kompetenz von quaeldich.de häufig genau darin: jemanden zu kennen, der sich richtig auskennt. Und für den Baskenhammer traute ich sogar unseren Teilnehmern eine Prise Ungewissheit zu. So ging ich 2016 mit einer gehörigen Portion Abenteuerlust an die Premiere unserer geführten Pyrenäen-Geheimtipps. Und klar, auf den 149 km und 4.000 Höhenmeter schweren Baskenhammer mit unklarem Ausgang ließen sich eh nur die Stärksten ein.
Diese Reise war nur halb ausgebucht. Kein Wunder, unser Bildmaterial war mau, und was ich nicht selber kenne, kann ich auch nicht mit ganz so breiter Brust vertreten wie die
Pyrenäen-Klassiker zwei Jahre zuvor.
Das hat sich mit der Erstbefahrung natürlich geändert. Meine Erwartungen wurden von der Strecke bei Weitem übererfüllt, die Bilder, die wir heute haben, sind fantastisch, und egal, welchen der Pässe südlich der französisch-spanischen Grenze man herausgreift: alle sind schmal, verlassen, landschaftlich wunderbar; Gänsegeier und Steinadler kreisen am Himmel, die Luft ist klar und die Blicke einzigartig. Die spanischen Pyrenäen sind die Pyrenäen in Reinform:
Noch einsamer am Alto de Aisa:
Noch ursprünglicher am Col de la Pierre St Martin:
Noch wilder im Canyon de Anisclo:
Noch weniger touristisch rund um den Col Bargagui:
Und für mich insgesamt einfach noch begeisternder:
Und da man auf der von uns gestalteten Strecke nicht mal auf die ganz großen Namen von Tourmalet, Aspin, Aubisque und Soulor verzichten muss, zusätzlich noch das westlichste Monument der Pyrenäen, den wunderbaren Col de la Pierre St. Martin mitnimmt, müssen sich die Geheimtipps keineswegs vor ihrem klassischen Bruder verstecken. Im Gegenteil. Mein Rat lautet:
Lass dich ein auf das Abenteuer der Pyrenäen, lass dich ein auf die Pyrenäen-Geheimtipps.