04.04.2018,
hagen306:
Unsere zweite Tour im zeitigen Frühjahr führte uns nach Andalusien – ins schon nach der zweiten Austragung immer legendärer werdende Bergtraining nach Motril an der Costa Tropical. Und wir haben rund um die 7 Ausfahrten mit gesamt mehr als 750km und 17.000 Höhenmetern wieder viel gelernt – einerseits wie supercool diese Tour ist, andererseits, dass es auch immer wieder Überraschungen geben kann (und scheinbar auch muss). Insofern schwärme ich jetzt nicht von den wahrhaft epischen Strecken, sondern dem „Tour-Feeling“ insgesamt.
Lehre 1: Es gibt eine unglaublich hohe Anzahl berg- und km-verrückter Rennradfahrer, die sich schon Mitte März die ziemlich kernigen Bergtouren geben wollen. Wie sagte doch unser Wolfi so schön: „Gegen das Bergtraining Andalusien wirkt Ligurien eher wie Bergtraining emasculé. Wenn Du im März in Europa richtig Berge fahren willst, dann hier!“ (Dafür glänzt Ligurien natürlich mit italienischem Charme!!). Und weil wir eine unglaublich lange Warteliste hatten, werden wir kommendes Jahr das Bergtraining 2x anbieten. Dies aber auch, weil unsere Kurzumfrage im Reisenachgang eine Gesamtnote 1,2 ergibt. Das soll uns Ansporn sein für neue Heldentaten!
Lehre 2: Wind gibt es auch in Andalusien. Zwar hatten wir gegenüber dem Vorjahr schon einige Grad mehr auf dem Thermometer. Dafür mussten wir aber fast die gesamte Woche mit einem anderen unerbittlichen Gegner kämpfen: Wind, viel Wind, der gerade an der Küstenstraße wie aus Düsen geschossen kam und uns die Einrollrunde am Samstag ziemlich verblasen hat. Dagegen waren wir die anderen Tage mit Stärke 3-4 dann schon fast versöhnlich, zumal sich immer häufiger die Sonne blicken ließ.
Lehre 3: Vertraue der andalusischen Hotellerie, nicht aber den kleinen Unterwegs-Bars. Unser Hotel hat in diesem Jahr einige Kleinigkeiten einfach ganz smart und nebenbei verbessert, z.B. dass wir ausreichend Haferflocken einwerfen oder auch am Abend tatsächlich nunmehr eine weitere Clara (Radler) auf Kosten des Hauses bestellen konnten. Da war gerade ich als recht kritischer quaeldich-Guide wirklich positiv überrascht – auch deshalb werden wir kommendes Jahr hier wieder sein. Dagegen gestaltet sich das Warten in den kleinen Bars an den Strecken manchmal doch recht zermürbend. Aus Erfahrung weiß ich allerdings auch, dass selbst ein Vorbestellen meist wirkungslos ist. Da müssen wir Andalusien wohl akzeptieren, wie es ist.
Lehre 4: Der „Blaue Hecht“ hat immer auf. Diese verschrobene Bar gleich ums Eck des Hotels nehmen wir alle (jawoll: wir hatten zum Ende der Tour eine fast 100%ige Nutzerquote) von der obigen Kritik aus. Halbliter-Gläser. Eisgekühlt. IMMER eine kostenfreie Tapa zum Getränk. Telenovelas im TV. Ein paar Originale im Gastraum und hinter dem Tresen. Rennradherz – gibt es einen schöneren Tagesabschluss?
Lehre 5: Man kann gar nicht „kommmpackttt“ genug fahren. Hin und wieder sind die didaktisch-motivierenden Fähigkeiten der Guides ganz besonders gefordert. Unser Hannes mit der entspannten Gruppe bekommt das Sonderlob für die schickste und „kompakteste“ Zweierreihe der Tour. Obwohl sich meine Jungs auch nicht haben lumpen lassen (zumindest als wir vor der Guardia Civil hergefahren sind…).
Lehre 6: Jedes Jahr eine neue Traumtour! War es letztes Jahr die legendäre Carretera de la Cabra, so haben wir dieses Jahr auf den 155km hinauf nach Trevélez den Vogel abgeschossen. War es auf dem „Durchlauferhitzer“ Haza del Lino (hier kommen wir ja fast täglich lang und kehren auf einen Café ein) noch bitterkalt, öffnete danach der Himmel sein Herz und wir fuhren den Rest des Tages im Sonnenschein. Hammerabfahrt von Trevélez inklusive. Ebenso wie Blutwurst und Bratkartoffeln – vergesst Power Bars! Die braucht man wohl erst ab 3500hm/Tag…
Lehre 7: Wichtigste Guide-Kernkompetenzen sind Beschleunigen und Bremsen. - Ohne Euch, liebe Gäste, ist es doch nur halb so schön! Ich bin jedes Mal aufs Neue überrascht, wie wunderbar die Gruppen auf den Rädern (und auch abends in Bar und Hotel) harmonieren und zu echten Teams werden – und dieses Mal waren wir ja knapp 40 Leute. Chapeau! Das ist wirklich zuallererst Euer Verdienst, liebe Gäste. So dass wir Guides uns eigentlich nur noch darum kümmern müssen, den sportlichen Ehrgeiz an der nächsten Bergwertung herauszukitzeln oder aber auch die Heißdüsen im nächsten Café ein wenig einzubremsen. Und solange mir das gelingt, bin ich im Bergtraining dabei! Next time: 16.-23.3.2019 und 23.3.bis 30.3.2019.