Der Ligurien-Blog war ja in der zweiten Wochenhälfte ins Stocken geraten, weil die Tage danach für mich lang wurden, und am letzten Tag natürlich Feiern statt Schreiben angesagt war. Daher folgt jetzt, mit gehörigem Abstand, die Berichterstattung der letzten Etappe, von Freitag, den 12. April:
Nach der zweiten Königsetappe der Woche am Vortag lassen wir es am heutigen Freitag ruhig angehen. Wir wollen nämlich zum Pranzo di Lavoro nach Montebruno, was zwei volle Anstiege über
Portello hin und über
Barbagelata zurück bedeutet. Das Pranzo di Lavoro ist eine italienische Institution, die auch im Hinterland für eine gesunde gastronomische Infrastruktur sorgt: das Mittagessen der Arbeiter ist in der Regel eingepreist, und dies wird in der örtlichen Osteria eingenommen, etwa im Rifugio dei Cacciatori in Montebruno, wo ich heute 27 Personen für das Mittagessen angemeldet habe.
Wir lassen es wie gesagt ruhig angehen, weswegen wir nach dem morgentlichen Sprung über
Leivi in Calvari im Valle Fontanabuona erstmal einen caffè genießen. Die Fahrt das Tal hinauf nach Gattorna ist solcherart gestärkt schnell absolviert; auch das Wasserfassen am Brunnen am Abzweig fällt aus, so dass wir zügig den Ort verlassen können. Schon in den ersten Kehren erreichen wir das Blütenmeer der umliegenden Gärten und werden von Vogelgezwitscher empfangen, das uns bis zur Passhöhe begleiten soll. Heute sind wir nur noch zu sechst: Barbara ist schnell enteilt, Hans Martin und Michael folgen, Christiane, Meike und ich folgen mit etwas Sicherheitsabstand. Der Portello ist ein Paradebeispiel für die ruhigen Anstiege ins Hinterland. Hier überwinden wir schon den zweiten Apenninkamm, und Autos gibt es hier faktisch nicht. Ich glaube nicht, dass wir von einem überholt wurden. In Roccatagliata setzt sich Meike auf eine der Bänke und genießt die Sonne, bis Christiane vom Pass zurück kommt. Die Woche fordert ihren Tribut, und beide wollen sich den zweiten Anstieg des Tages lieber sparen.
Wunderschön blicken wir am Portello über die ersten Apenninhügel zum Meer. Am Horizont können wir den
Monte Fasce ausmachen.
So treffen wir nur noch zu viert am Mittagessen in Montebruno ein. Wieder treffen sich hier alle Gruppen, auch wenn Gruppe 1 gerade abfährt, als wir eintreffen. Aber es gibt noch reichliche Auswahl. Zum Beispiel Gemüselasagne, Insalata, Costole 😋
Nun zeigt sich, wer mit gefülltem Bauch gut den Berg hoch kommt. Zumindest alle verbleibenden aus der entspannten Gruppe, namentlich Barbara, Hans Martin, Michael und ich. Der Anstieg ist nicht frei von Ansprüchen, aber letztlich sind die 500 Höhenmeter schnell weg gedrückt. Zumal der Asphalt, wie mittlerweile überall in Ligurien, glatt ist wie ein Babypopo*. Oben genießen wir die Blicke Richtung Seealpen** zur einen, Richtung Korsika** zur anderen Seite und sitzen in der prallen Mittagssonne noch eine Weile auf der Bank an der Kirche. Was hatten wir hier oben in anderen Jahren schon für gefrorene Bärte!
Wir rütteln uns hinunter zum Scoglina, genießen die Tiefblicke auf das Favaletal und stürzen uns in die rasante Abfahrt. Vor genau zehn Jahren hatte ich hier die letzte halsbrecherische Abfahrt meiner Radfahrkarriere, nach der ich befunden habe, dass ich für solche Manöver nun zu alt bin. Spaß macht es hier aber immer noch!
Und weil es heute morgen so schön war, nehmen wir einen letzten, schon wehmütigen caffè in Calvari, springen ein letztes Mal über Leivi, genießen ein letztes Mal die wunderschönen Tiefblicke auf Chiavari und das Mittelmeer, und checken kurz darauf letztmals in die Schmutzgetränkbude am Mittelmeer ein, wo ich mir das erste und letzte Schmutzbier der Woche gönne.
Was für eine tolle Woche! Bestes Radfahren, bestes Essen und bestes Wetter, das natürlich viel zu warm war für einen April in Ligurien. Aber keiner in der Reisegruppe möchte darüber meckern.
Beim abendlichen Abschlussessen im Ca da Gurpe wird der nächstjährige Termin bekannt gegeben: 5.-12. April. Noch sind sich viele sicher, dass wir uns im nächsten Jahr wieder sehen. Ich auf jeden Fall werde da sein! Ein Jahr ohne Chiavari kann ich mir nicht vorstellen.
Die Ligurien-Berichterstattung geht aber schon im Mai weiter. Aus dem
anderen Ligurien! Bis bald, bleibt gesund!
* Glatt wie ein Babypopo ist ausgerechnet die Abfahrt von Barbagelata zum Scoglina nicht. Bruno fährt hier den einzigen (!) Platten der Woche ein, in allen Gruppen.
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Richtung Seealpen und
Richtung Korsika betont natürlich, dass wir weder die einen noch das andere gesehen haben. Heute ist es diesig. Bei 29 Grad allerdings ein verkraftbares Manko.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Nach dem Ruhetag geht es heute wirder in die Berge - am Passo di Portello und im hübschen Bergdorf Barbagelata überschreiten wir erneut die 1000-Meter-Marke. Zunächst folgen wir dem Val Fontanabuona, dann sind wir schon im längsten Anstieg des Tages zum Portello. Es geht hinab ins Trebbia-Tal, wo wir bei der Mittagspause in Montebruno abermals so richtig schlemmen können. Der
pranzo di lavoro, das Arbeiter-Menu, ist regelmäßig ein kulinarischer Höhepunkt der Woche. Dann geht es hinauf nach Barbagelata, von wo aus wir bei gutem Wetter die Seealpen sehen können. Die Abfahrt über den Passo della Scoglina zurück ins Val Fontanabuona ist rasant und kehrenreich, die Ausblicke von der Passhöhe noch einmal ein Leckerbissen.