10.10.2014,
Jan:
Heute morgen brummt der Schädel. Ich lasse das Frühstück ausfallen und schreibe lieber den
Bericht von gestern fertig. Für ein spätes Frühstück reicht es doch noch, und wir können pünktlich abfahren. Ganz genau nehmen wir es heute nicht mit den Gruppenabständen, denn heute wollen wir uns etwas ausruhen und früh am Hotel sein.
So ist die 08/15 Gruppe schon in der Abfahrt am Stausee Embalse de Güejar entlang hinunter ins Tal eingeholt, und auf den ersten Metern der Auffahrt zum Puerto de Los Blancares überholt. Dietmar hat seiner Gruppe heute Schneckentempo zur Regeneration verordnet ("Wer schneller fährt als 18er Schnitt, zahlt eine Runde!"). Hier unten schaut Bernie uns sehnsüchtig nach, die wir alles andere als schnell, aber doch flüssig vorbei fahren.
Kurz darauf ist auch Gruppe 2 gestellt, und so haben wir den Rolleranstieg zum Blancares für uns. Genau richtig, um die Beine langsam zu aktivieren. Anfangs stürmen wir etwas ungestüm hinauf, aber Scheng übernimmt schnell das Regiment und führt uns im Regenerationsmodus zum Pass. Ein weiterer Stausee und jede Menge Herbststimmung mit gelb werdenden Birken folgen, die Stimmung ist gelöst, das Tempo gesprächsfördernd.
Über den Puerto fahren wir einfach drüber und stürzen uns in die flowige Abfahrt, in der uns Eule vorbildlich weit vor dem Verpflegungspunkt auf einem Picknickplatz ausbremst. Jetzt entwickelt die Sonne richtig Kraft, und so ziehen wir die Pause etwas in die Länge. Scheng liegt in der Sonne, hat die Beine hochgelegt und droht einzuschlafen, also müssen wir doch mal weiter. Gerade trifft auch 08/15 ein, sie wurden von einem Feigenbaum aufgehalten, der seine Früchte zur Labung dargeboten hat.
Drei Spanier schießen auf ihren Rennrädern an uns vorbei, die wir am Ortseingang von La Peza stellen. Wir biegen nach rechts, auf eine enge Gasse durch den Ort, und müssen warten, weil ein Lastwagen entgegen kommt. Der eine der Spanier wendet sich an mich, und fragt mich auf Spanisch, ob das der Weg zum "Mirador", zum Aussichtspunkt sei. Ich antworte auf italienisch "Non sono certo", weil ich ja nur die Strecke auf dem Gerät habe, aber keine Ahnung habe, was rechts und links der Strecke liegt. Von da spricht er auf Englisch weiter. "Do you have a guide?". Die Menge johlt, und ich positioniere mich mit der Antwort: "I am the guide. I follow my track".
Sie trauen mir auch nicht, und orientieren sich anderweitig, während wir hinter der nächsten Kurve eine Prozessionsgemeinschaft überraschen, die gerade aus der Kirche strömt. Alles ist sehr eng hier, und wir bahnen uns einen Weg durch die Massen. Der GPS-Empfang ist schlecht, und ich muss die Abzweige raten, was mich nach der ebigen Guide-Anzweiflung ins Schwitzen kommen lässt.
Durch eine weitere Häuserschlucht geht es aus dem Ort raus, auf eine sanft ansteigende Panoramastraße, die schnell herrliche Tiefblicke auf La Peza frei gibt, das in einem unglaublichen Sandsteinkessel eingebettet unter uns liegt. Am Mirador treffen wir die Spanier wieder. Ich unterhalte mich noch etwas mit dem Zweifler, der schon mit dem Mountainbike hier war, aber nicht mit dem Rennrad, und daher den Weg in La Peza nicht wusste.
Es folgt ein spektakulärer Abschnitt mit Schluchtblicken (so muss es am
Grand Canyon sein) und Felstunnel. Bald biegen wir erstmals auf eine stärker befahrene Straße ein und fahren schnell durch Purullena und erreichen Guadix, wo uns der gestern noch von Hagen angepasste Track direkt zu den Höhlenwohnungen führt, die ganz anders sind als ich sie mir vorgestellt habe, nämlich modern und bewohnt. Hagens Gruppe kommt hier sogar in den Genuss, eine bewohnte Höhlenwohnung gegen freiwillige Spende von innen zu sehen. Wir irren noch ein wenig durch die Gassen und fühlen uns wie die Hobbits im Auenland.
Wir setzen uns an die Piazza, trinken Café und Cola und lassen den Tag dahinziehen. Wir verlassen Guadix auf gestern noch per Karte und GoogleStreetView erkundeten Schleichwegen. Wellig geht es aus Guadix raus, an bizarren Sandsteinformationen entlang und auf schmalen, aber nicht zu schmalen Straßen immer genau auf die Sierra Nevada zu. Ein Hauptgewinn. Wie schon auf Streetview gesehen führt die Straße an einem Abzweig für 50 m über einen Naturstraßenabschnitt, und dann weiter bretteben nach Cogollos de Guadix, in dem wir glücklich durch das Straßengewirr navigieren. Kurz vor Jerez de Marquesado erreichen wir wieder die Hauptstraße, die aber nach dem Ort schon wieder schmaler wird. Jetzt liegen nur noch einige Wellen und die 5 km laange Endgerade von unserem Zielort La Calahorra. Ulf und Karsten bilden eine Drückerkolonne und führen uns zügig zum Hotel, das direkt im Schatten der mächtigen Palastburg
Castillo de la Calahorra liegt.
Schnell treffen wir uns in der Hotelbar und erwarten mehr oder weniger geduldig die Paella, die ab halb acht serviert wird.
Die Getränke zahlt übrigens Dietmar, den 18er-Schnitt konnte seine Gruppe doch nicht unterbieten.
Track auf Strava