07.09.2017,
Owingerjan:
Tag Null / Einkaufszentrum
Baustelle und Kreisverkehrschaos. Versteckt hinter dem Einkaufszentrumsgigant: das Hotel, unscheinbar, zweckmässig. Bekannte und unbekannte Gesichter, prüfende Blicke auf Beinhaarausfallgeschädigte. Organisationsfetischist trifft auf Improvisationstalent. Geburtsbedingter Guideausfall umgehend behoben. Endlich Abendessen. Viele Namen. Viele Fragen. Wenig Antworten. Freundlich nicken, lächeln, Besserung geloben. Endlich Essen - Zeit zum Tischnachbarnkennenlernen. Österreich, Schweiz, Slowakei, Deutschland und 2x Hamburg. Erwartungen und Selbsteinschätzung und Gruppeneinteilung - die Dreifaltigkeit der quäldich-Reise. Beste Wetteraussichten. Seltsam geringer Alkoholkonsum zeugt von Respekt.
Tag Eins / Rallyberg
Frühstück und Aufbruchshektik. Die Handgriffe sitzen noch nicht. Die Quartiermeisterin hat zum Glück alles im Griff. Letzte Pumpenhübe und Ölungen. Alles rollt stockend auf der Engländerpromenade. Es flutscht durch die City, sortiert sich im Anstieg. Raus aus der Stadt, Azurduft und Meerblicke. Monaco ist von oben auch hässlich. Menton. Pause in Sospel - nur noch ein Stündchen. Der Turini. Alle sind oben, bis auf einen. Peloton complet, finalement. Rallybilder anschauen. Essen. Schlafen.
Tag Zwei / Eine Insel auf dem Berg
Schlafen auf dem Berg bedeutet Kaltstart. Tolle Abfahrt. Hinterradnabenlagergeräusche zerreissen die Stille. Die Gruppen rollen. Einer stürzt, dank Vorschädigung kein Drama. Sonnige Rast in Isola. Zäher Anstieg in die Skistation Isola 2000. Das Hotel im Betonklotz: erstaunlich nett, von innen. Leckeres Abendessen auf kleinem Raum. Wintersportorte im Sommer muss man mögen.
Tag Drei / A l'Italia
Frühstück und dann gleich der Lombarde. Ab dann nur noch schön. Bis auf das lange Tal und die Ortsdurchfahrten. Laufradsatzkauf neben der Verpflegung. Superschöne Fahrt auf den Esischie. Katzensprung auf den Morti. Die drei Heilkundigen nehmen die Abkürzung. Gründe? Schweigepflicht. Una strada dissestata nach Marmora. Ob wir die letzten sind, die hier fahren? Die Pension ist ein halbes Dorf. Das Essen ein doppelter Glücksfall. Sille vergibt 10/10.
Tag Vier / Bienen und Nässe
Restabfahrt im Kühlen. Autopilger stören den Flow. Sensationelle Elva-Schlucht, ein Traum bis hoch zum Sampeyre. Bergab Radfahrverbot. Interessiert keinen. Unten weiss man mehr. Kurpfälzer sind Schlaglochfinder. Wiederbelebung am Fusse des Agnel, zum Glück ist ein Arzt da. Verdiente Pause mit Wolkenaufzug. Der Agnel bald im Schatten. Guidefrösteln beim Warten. Biene sticht ins Bein. Abfahrt mit Schauern und nass von unten. Biene sticht zwischen Augen. Und in eine Lippe. Natürlich immer eine andere Biene. Unterkunftstrennung mit Unmutspotential. Dafür gutes Abendessen und rustikale Location. Gemütliche Bar. Immer noch seltsam geringer Alkoholkonsum.
Tag Fünf / Kleines Barcelona
Morgenroutine. Der Izoard ruft. Manche lauter, manche leiser. Der Guide pausiert und beobachtet. Oben Gedränge, Motorräder, Rollskifahrerinnen, Kilometersteinkäufe. Umdrehen, runterfahren - keiner will nach Briançon. Der Guillestrekreiselstopp bringt lose Vorbauten zu Tage. Nachträgliche Panikattacke des Guides. Zum Glück sind Nervenärzte zur Stelle. Einsamkeit zu zweit am Vars - nass oder nass? Nur von unten, auf dem Weg in die südliche Wärme. Barcelonnette! Hotel mittendrin. Restaurant noch mittiger. Super Essen! Stimmung auf dem Siedepunkt. Ein Königreich für ein Loblied auf das Radeln. Keiner singt.
Tag Sechs / Allochayolle
Verpflegungsfreier Tag. Sille wird Sonnenbrand bekommen. Cayolle autofrei? Nur bis 15. August. Zum Glück weiss das niemand. Kaum Autos. Tiefblick in die Gorges de Bachelard. Da fahren wir heute Abend wieder zurück. Kaum glaublich. Col des Champs - kurz und flach und fliegenreich. Mondlandschaft und neuer Asphalt. L'Auberge des Aiguilles nous acceuille avec un repas formidable. Es gibt Tortelli. Restabrollen, dann der Cayolle. Pausen sind wichtig, Gespräche verkürzen die Zeit. Oben Schlichtheit. Lange Abfahrt, wieder gutes Essen. Schöne Runde!
Tag Sieben / Zurück auf 0
Frühstück, packen, aufladen. Alles Routine. Losfahren. Gruppenfoto in Jausiers am Blumentopfradlerdenkmal. Erste Verabschiedungen. Der Bonette! Wolken kommen. Tropfen kommen. Gipfelfreude. Wolken gehen. Das Tal ist lang. Sehr lang. Letzte Verpflegung. Österreich führt. 45er Schnitt. Zähes Näherkommen des Meeres. Endlich da. Hotel, Gepäck, Telefonieren, Duschen, Essen gehen. Draussen und oder drinnen oder? Wenig trinken. Schlafen!
Tag Acht / Heimweg
Umgewöhnung. Normale Klamotten! Alles aus- und einpacken. Rad verstauen. Bedanken. Frühstücken. Verabschieden. Was bleibt? Von 0 auf 0 in einer Woche. Fast wie unentschieden beim Fussball. Aber nur fast. Bilder im Kopf und auf Speicherkarten. Gesässschmerzen. Freude und Stolz. Neue Kontakte. Wir sehen uns. Bestimmt!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Es geht zurück zum Meer. Doch vorher wartet noch das Dach der Tour auf uns, die 2802 m hohe Cime de la Bonnette.
Nizza ruft. Das Mittelmeer ruft. Doch einen Pass haben wir uns auch noch für den letzten Tag aufgehoben, und es ist nicht irgendeiner, es ist der höchste der gesamten Woche. Wir ersparen uns hier die Diskussion über das Prädikat „Höchster Alpenpass“, denn das ist nicht die Cime de la Bonnette, denn sie ist streng geografisch kein Pass, sondern nur eine zusätzlich erbaute Schleife, um eben dieses Prädikat zu erschwindeln. Tatsache ist jedoch auch, dass die Landschaft absolut grandios ist, und man sich mit den Gipfeln der Mercantour-Alpen auf Augenhöhe wähnt. Und höher hinaus kommt man eben nicht in den Westalpen. Steht man oben auf der Cime de la Bonnette, dann hat man die Gewissheit, dass es nur noch bergab geht. Von 2800 Metern Höhe auf null Meter Höhe – auf Meereshöhe im wahrsten Sinne des Wortes, denn die Etappe und die Monumente-der-Südalpen-Tour wird garantiert mit einem Bad im Mittelmeer enden.